Wie ein Schnittmuster entsteht

Ein neues Schnittset steht kurz vor der Veröffentlichung, denn am Donnerstag soll die Outdoorversion der Fancy First Year Kollektion erscheinen.

Wollt Ihr wissen, wie ein Schnittmuster entsteht? Welchen Prozess durchläuft so ein Ebook von der Idee bis zur Fertigstellung?

Heute gebe ich Euch einen kleinen Einblick in den Werdegang eines selbstgenähten Kleidungsstückes, der mit dem Design  und der Konstruktion des Schnittmusters beginnt.

Wo genau der Prozess beginnt, kann ich gar nicht eindeutig festlegen. Täglich schießen mir unzählige  Ideen in den Kopf! Meist ist es, dass ich einen bestimmten Pfiff in der Alltagskleidung vermisse, was Anlass genug ist, ein Kleidungsstück zu entwerfen! Oft sind es jedoch einfach nur Basic-Teile, die eben den alltäglichen Bedarf an Anziehbarem zu decken.

Grundsätzlich aber lasse ich jede Idee zu, denn alle Arten von Gedankenspinnereien sind es wert, gedacht zu werden!

Im nächsten Schritt geht es dann um Praktikabilität und Umsetzbarkeit. Da ich ja wie Ihr wisst die VOLLSTÄNDIGE Kindergarderobe selbst nähe (und in vielen Fällen auch den Schnitt dazu selbst konstruiere), wurde es höchste Zeit für ein Basis-Schnittmusterset!

Eine Kollektion, mit der die Kinder von Kopf bis Fuß ausgestattet sind und die einigermaßen flott zu nähen ist, musste her und so wurde der Grundstein für die Reihe Fancy First Year  gelegt.

 

Konkretisiert sich also ein Kleidungsstück vor meinem geistigen Auge,  geht es an den Erstentwurf, wobei das Design stets der Funktionalität zu folgen hat.

Ausgehend von den Maßen meiner Kinder konstruiere ich den Grundschnitt. Basierend auf dem gängigen Schnittsystem M. MÜLLER & SOHN zeichne ich die Schnittteile ganz klassisch mit Liniealen, Kurven und Schablonen auf Papier, schneide sie zu und nähe einen Prototypen.

Dann wird es spannend, denn es erfolgt die erste Anprobe! Auf den hier zu sehenden Fotos erkennt Ihr den Prototypen des Outdoor-Overalls. Die Erkenntnis: Zwar passte das Kind rein, doch waren mir die Beine zu schmal für den alltagstauglichen Einsatz! Für ein rasches Reinschlüpfen muss auch eine Hose bequem unter den Overall passen, was hier nicht ohne weiteres der Fall war.

Also wurde der Schnitt überarbeitet.

Wenn mir dann der Prototyp am eigenen Kind gefällt, geht es ans Gradieren!
Gradieren nennt man das Vergrößern und Verkleinern von Schnitten auf andere (Konfektions-) Größen. Dazu werden allerlei Formeln herangezogen, da Kinder ja z.B. proportional schneller in die Höhe als in die Breite wachsen und nicht einfach an allen Enden des Schnittes ein paar Zentimeter hinzugegeben werden können.

Hier muss ich gestehen, dass mir dieser Teil noch am schwersten fällt. Zwar liegen mir einige Richtwerte und Maßtabellen als Grundlage vor, doch haben wir im Studium hauptsächlich mit Damengrößen gearbeitet.

Außerdem basiert das Gradieren zu einem Großen Teil auf Erfahrungswerten, die ich erst im letzten Jahr zu sammeln begann.

Umso wichtiger sind die ausgiebigen Probenähen, die im nächsten Schritt anstehen und sicherstellen, dass das Schnittmuster in allen verfügbaren Größen anwendbar ist und die Kleidungsstücke zuverlässig passen.

Im Probenähen begeben sich freiwillige Helferlein daran, den Schnitt in allen Größen zu testen und mir eine kritische Rückmeldung zu geben!

Ich kann gar nicht oft genug sagen, wie dankbar ich meinen vielen Heinzelmännchen und -weibchen (na ja, eigentlich sind es bisher nur Weiblein) für ihren engagierten Einsatz in meinen Probenähen bin! Es ist für mich alles andere als selbstverständlich, Zeit, Stoff und Hirnschmalz einfach mal so für andere zu investieren! Danke, Ihr Schätze !!
Aufbauend auf dem Feedback der Probenäherinnen wird der Schnitt dann optimiert, oft wird dies nicht in einem, sondern erst in mehreren Überarbeitungsschritten erreicht.

Für das Ebook schreibe ich außerdem jedes Mal eine ausführliche Schritt-für-Schritt-Anleitung, in der jeder Nähschritt bebildert dargelegt ist. Da meine Ebooks alles andere als variantenarm sind, komme ich oft auf 6,7, 8, 9, 10 Teile nach demselben Schnitt, die ich allein für die Fotodokumentation des Nähprozesses herstelle.

Ihr merkt es. In so einem Ebook kommen viele einzelne Arbeitsschritte zusammen! Es ist tatsächlich eine arbeitsintensive Entstehungsgeschichte und "mal eben so" entsteht kein Schnittmuster!Von der Idee bis zum Verkaufsstart vergehen meist mehrere Monate.  

Umso erleicherter bin ich jedes Mal, wenn ein neues Ebook fertiggestellt und in alle Verkaufs-portale eingepflegt ist.

Im Falle des Outdoorsets Fancy First Year ist dieser Moment nun absehbar. Puh!
Bis Donnerstag muss nun noch das Anleitungsdokument formatiert und finalisiert werden und die Produktbeschreibung für die Verkaufsplattformen erarbeitet werden.

Da wir aber gerade eine große Krankheitswelle hinter uns haben, bin ich guter Dinge, dass diese Woche endlich mal alle fit bleiben (*knock on wood*) und ich auch wiklich ausgiebige abendliche Dates mit meinem Schreibtisch feiern kann!

Das mache ich nun auch und wünsche Euch allen noch einen schönen Start in die Woche!

Liebe Grüße
Eure Vivi

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Kommentare: 2
  • #1

    Mare (Mittwoch, 13 Juni 2018 15:24)

    Hallöchen,

    Heisst das: Idee , Entwurf , Schnittmuster?

    Wer macht normalerweise den Entwurf und wer das Schnittmuster? Also, wenn ich eine Idee habe und den Rest in Auftrag geben. Vielen Dank für dein Feedback.
    Are

  • #2

    Vivi (Mittwoch, 13 Juni 2018 21:35)

    Hallo Mare,
    in meinem Fall mache ich alle Schritte selbst. Es gibt aber auch professionelle Schnittdirectricen, die solche Ideen für andere umsetzen.
    Manche arbeiten dabei ab Handskizze, andere verlangen zumindestens mal eine technische Zeichnung.

    Liebe Grüße
    Vivi