Sag mir was, aber sag nicht "nicht"

"Nicht über die Wiese laufen, Du bekommst ganz nasse Füße!" höre ich eine Mutter auf dem Spielplatz rufen.

 

Der kleine Ben bleibt abrupt stehen. Er schaut sich die Wiese genauer an und entdeckt, dass zahlreiche glitzernde Tautropfen auf den Grashalmen sitzen und das Sonnenlicht spiegeln.

 

Ben beugt sich herunter, um die glänzenden Perlen zu berühren. Er ist im Begriff, dabei einen Schritt auf die Wiese zu machen.

"Beheeeenn!!!" tönt es von der Sitzbank am Sandkasten, "Ich habe gesagt, Du sollst nicht auf die Wiese gehen!"

 

Unschlüssig steht er da, der kleine Junge mit den hellblauen Sneakern und schaut sich die Wiese aus seinen 99cm Standhöhe an...

Dann entdeckt er ein knorriges Stück Wurzel am Zaun und läuft los... mitten über die Wiese!

 

Hatte seine Mama ihm das nicht gerade erst verboten?

Es stimmt! Bens Mama hatte ihm vor wenigen Augenblicken erst zugerufen, die Wiese NICHT zu betreten. Gleich zwei Mal! Kann Ben also nicht hören?

Im Gegenteil. Ben hört sehr gut! Allerdings ist das menschliche Gehirn auf positive Formulierungen getrimmt und kann mit dem Wörtchen "nicht" in Anweisungen nicht umgehen.

Machen wir einen Versuch: Denk jetzt bitte nicht an einen Elefanten mit Rollschuhen.

Du merkst, Du denkst AUTOMATISCH an einen Elefanten in Rollschuhen! Dein Gehirn hat das kleine  Wörtchen "nicht" einfach überlesen.

 

Ben erging es ähnlich und aus den Anweisungen seiner Mutter hörte sein Gehirn heraus, die Wiese zu betreten und das Gras anzufassen.

 

Abgesehen davon ist ein Kleinkind noch nicht in der Lage, auf eine Unterlassungsanweisung hin, eigenständig eine Alternativhandlung zu finden.

 

Ben weiß also gar nicht, was er anderes tun kann, als über die Wiese zu laufen.

 

Das fällt übrigens auch älteren Kindern und sogar Erwachsenen schwer.

 

Statt "hör bitte auf mit dem Stift zu spielen", wird der Lehrer gegenüber seinem 9.-Klässler viel schneller zum Erfolg gelangen, wenn er ihm gleich die Alternativhandlung mit vorschlägt: "Leg den Stift bitte ins Mäppchen zurück."

Sowohl im Alltag mit zwei Kleinkindern als auch im Job als Lehrerin mache ich nun seit einiger Zeit die eindeutige Beobachtung, dass positive Handlungsanweisungen statt Unterlassungsaufforderungen in den allermeisten Fällen ohne Gegenwehr das erwünschte Verhalten hervorbringen.

Es erspart zahllose Konflikte und Diskussionen, die auf Missverständnissen und dem Gefühl nicht (da war es wieder) ernstgenommen zu werden fußen.

 

Ein "laufe lieber über den Teerweg auf die andere Seite" hätte Ben sehr wahrscheinlich dazu gebracht, die Wiese zu vermeiden.

 

Natürlich muss der Handlungsvorschlag logisch nachvollziehbar sein und die Bedürfnisse des Gegenübers respektieren!

 

So gilt es zu bedenken, dass gerade Kinder einen ungebremsten Entdeckerdrang haben. Ihre Neugierde ist groß, denn sie möchten diese wundersame Welt um sie herum mit all ihren Formen, Farben, Geräuschen, Geschmäckern, Wesen und Materialien erkunden, erfahren und begreifen.

 

Überlegt einmal, ob es in vielen Situationen überhaupt notwendig ist, die Kinder von ihren Handlungen abzubringen.

 

Klar, bevor sie auf die offene Straße rennen, sollten sie mit einem "Anhalten, da vorne fahren Autos" zum Stehenbleiben gebracht werden.

 

Aber gegen nasse Füße auf der Wiese helfen beim nächsten Mal vielleicht wasserdichte Schuhe oder ein dickes Paar Wechselsocken und Ben hätte jeden einzelnen der Tautropfen mit seinen Fingerspitzen von den Grashalmen pflücken können.

Und hey, eine Waschmaschine gibt es auch noch ;-)

Wie ihr unschwer erkennen könnt, wird diese bei uns nach einem ereignisreichen Tag im Park nicht arbeitslos.

Mini trägt hier ein Set aus wunderschönen Lillestoffen. Den Geringelten hat sie sich in ihrem Pink-Lila-Wahn selbst ausgesucht und erklärte sich mit der Kombi zu Orange-Mélange einverstanden.

 

Die Herbstmädchen-Applikation ist nach der Vorlage von Missichen  gestaltet und obwohl ich einen Plotter besesitze und mich aus Angst vor Fehlern immer vor dem Nähmalen drücke, hat es mir tatsächlich Spaß gemacht.

Ich wünsche Euch noch einen guten Start in die Woche!

Eure Vivi

 

Schnittmuster Mütze: Freebook Enio

Schnittmuster Shirt: Fancy First Year Basics

Schnittmuster Hose: geht bald ins Probenähen

 

 

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Kommentare: 4
  • #1

    Ramona (Montag, 09 Oktober 2017)

    Danke für den schönen Artikel <3

  • #2

    Nähkäschtle (Dienstag, 10 Oktober 2017 10:02)

    Ja ja ja ... du hast es geschafft genau das zu schreiben, was ich mir oft denke (sowohl in der Schule wie auch privat). Positive Anweisungen klappen auch bei mir besser und warum bremsen wir Kinder denn immer aus. Den Spruch "was in den schönen selber genähten Sachen lässt du den in den Wald?" ... ähm ja - wie du so schön sagst - wozu gibt es Waschmaschinen. Ich wünsch dir und deinem toll benähten Kind frohe Entdeckertouren! LG Ingrid

  • #3

    Daniela (Dienstag, 10 Oktober 2017 10:05)

    Tolles Set und Post denn du dazu geschrieben hast.

    Herzlich Daniela

  • #4

    facile et beau - gusta (Mittwoch, 18 Oktober 2017 15:57)

    ohhhh das ist ein süßes Set. Ich bin auch nicht so geschickt im Nähmalen. Deine ist super toll geworden. Und überhaupt das ganze Set. Danke fürs teilen und mitmachen beim upcycling <3
    liebe grüße
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